Alters
vorsorge
Die schwierige Historie
1889 wurde unter der Kanzlerschaft Otto von Bismarcks der Grundstein für das deutsche Rentensystem gelegt. Es entstand eine Pflichtversicherung für Arbeiter und Angestellte bis 2000 Mark Jahresarbeitseinkommen. Arbeitgeber leisten jeweils die Hälfte des Beitrags. Die Beiträge wurden im Sinne einer Kapitaldeckung angespart.
In den Folgejahren wurde das Rentensystem verschiedentlich verändert und um neue Personenkreise erweitert. 1913 wurde eine eigenständige Angestelltenversicherung eingeführt für alle Angestellten bis zu einem Jahresgehalt von 5.000 Mark.
Bedingt durch die Weltkriege und besonders der Hyperinflation 1922/23 litt das Kapital der Rentenversicherung unter erheblichen Wertverlust. Die Armut der Rentner stieg und galt in den 50er Jahren als eines der größten sozialen Probleme.
1957 kam es unter der Kanzlerschaft Konrad Adenauers zur bislang größten Zäsur im Rentensystem. Das Kapitaldeckungsverfahren wurde aufgegeben. An seine Stelle trat ein Umlageverfahren. Die Renten werden seitdem nicht mehr als Kapital fürs Alter angespart.
Im Umlageverfahren zahlt die berufstätige Arbeitnehmer-Generation jeden Monat die aktuell erforderlichen Renten. Im Sinne eines Generationenvertrags vertraut sie darauf, dass die nachfolgende Generation genauso verfährt.
Der harte Rückblick
Deutschland hat es offensichtlich zweimal falsch gemacht. Bismarck hätte das Umlageverfahren wählen sollen und das Rentensystem hätte die schweren Krisen besser durchgestanden. Adenauer hätte das Kapitaldeckungsverfahren wählen sollen. Dann wäre die Bevölkerungsentwicklung kein Problem und die Renten könnten deutlich höher sein. Inflation und Weltkrieg haben das Vermögen des Bismarck‘schen Systems vernichtet. Nach dem Krieg wurde die Grundlage für den Aufbau eines Vermögens nicht gelegt. Bismarck fehlt der Weitblick, Adenauer das Geld und seinen Nachfolgern der Mut.
Die Gegenwart ist gekennzeichnet durch politische Orientierungslosigkeit und zahlreiche sehr unterschiedliche Vorschläge. Das heutige Rentensystem ist eine Anhäufung von Einzelaktionen, Kompromissen und kurzfristigen Maßnahmen. Interessierte, die sich damit näher befassen möchten, finden in dem Buch Die Gesundbeter von Gisela Babel eine anschauliche Lektüre.
Wer mit 16 eine Lehre beginnt und damit auch in den Aufbau einer Altersvorsorge startet, muss sich bei einem langen Leben darauf verlassen können, dass seine Altersvorsorge auch am 116. Geburtstag noch trägt.
Die komplexe Zukunft
Wie immer eine Altersvorsorge aufgebaut ist, sie muss mit einer Perspektive von rund hundert Jahren auch bei vielfältigsten Risiken ein sorgenfreies Leben im Alter ermöglichen. Eine solche Altersvorsorge muss unterschiedlichste Elemente wie die folgenden zu einem stabilen Gesamtsystem zusammenfügen:
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Risikoverteilung und Ertragsoptimierung
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Umlageverfahren und Kapitaldeckung
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Steuerfinanzierung und Beitragsfinanzierung
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Staatliche, betriebliche und persönliche Vorsorge
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Pflicht zu einer Grund- oder Vollversicherung
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Anpassung an die gesamtwirtschaftliche Entwicklung
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Aufbau von Immobilieneigentum
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Kinderausgleich und Generationengerechtigkeit
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Arbeitslosigkeit und Erwerbsunfähigkeit
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Ausgleich zwischen Ehe- und Lebenspartnern
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Einbindung in Besteuerung und Grundeinkommen
Fazit
Das heutige System der Altersvorsorge ist ein kompliziertes Flickwerk, das nur noch historisch zu verstehen ist. Die Politik benutzt das Rentensystem seit Anbeginn vorrangig als Instrument der Wahlbeeinflussung. Dies kostet einen großen Teil des Volksvermögens und mindert die Rente eines jeden Einzelnen erheblich.
Aufgabe der FDP ist es, die verschiedensten Elemente einer Altersvorsorge darzustellen und mit Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln. Nur dann kann es gelingen über verschiedenste Bundesregierungen und Politikgenerationen hinweg eine verlässliche und ertragreiche Politik der Altersvorsorge zu entwickeln. Analog zum Entwurf des Einkommenssteuergesetzes kann darauf aufbauend ein Konzept und Gesetz für die zukünftige Altersvorsorge gestaltet werden.
Inhalte und Themenauswahl sind ausdrücklich keine Vorgabe und auch nicht Teil des Antrags, sondern sollen die erforderliche Debatte illustrieren.