Die
Themen
Digitalisierung und Politik
Das Buch Masterplan Digitales Bayern und das FDP-Landtagswahlprogramm bieten eine Fülle an Konzepten und Themen zur Digitalisierung und den politischen Forderungen. Finden Sie nachstehend eine interessante Auswahl.
Öffentliche Verwaltung
Die Bürgerinnen und Bürger wünschen sich eine virtuelle Behörde, die es ihnen ermöglicht, Verwaltungsvorgänge unkompliziert und rasch zu erledigen. Für die meisten Vorgänge sind die Rathäuser zuständig. Bayern ist das Bundesland mit den zweitmeisten Gemeinden und Städten, insgesamt 2.056 Gemeinden, 71 Landkreise und 7 Bezirke mit insgesamt über 13 Mio. Einwohner. Im Schnitt sind das rund 6.391 Einwohner pro Gemeinde. Für eine leistungsfähige IT, die Skaleneffekte für Effizienz und Effektivität nutzt, ist das viel zu wenig. Die bayerischen Gemeinden sind beim Einsatz der IT im Wesentlichen auf sich allein gestellt. Jede Kommune hat für ihre eigene Informationstechnologie Sorge zu tragen.
Wir brauchen wir die Kommunen ein einfaches Instrument und zugleich die Ressourcen der IT-Dienstleister. Ein erfolgreiches Beispiel aus der Privatwirtschaft ist der App Store für das Apple iPhone. Analog gilt es für die Kommunen eine Plattform mit staatlich kontrollierten Qualitätsstandards aufzubauen.
Netze
Leitungsgebunde und mobile Netze ergänzen sich. Es gilt beide beständig und gerade in Bayern flächendeckend auszubauen.
Glasfaser: Leistungsfähige Netze sind die Grundlage für eine funktionierende Digitalisierung. Mit der Gigabitstrategie hat die Bundesregierung den notwendigen Schub für den Glasfaserausbau geschaffen. Perspektivisch müssen die Latenzen gesenkt werden, damit Reality-Anwendungen der menschlichen Wahrnehmung entsprechen.
Mobile Breitbandnetze: Bei der mobilen 4G-Abdeckung liegt Bayern auf dem letzten Platz. Kein Bundesland hat mehr weiße Flecken. Es wird zukünftig nur dort gefördert, wo ein eigenwirtschaftlicher Ausbau nicht zu erwarten ist. Bayern setzt sich demnach für eine Priorisierung der Fördermittel gemäß der Potenzialanalyse des Bundes ein. Auch die 5G-Abdeckung muss beschleunigt werden. Wir setzen uns auf Bundesebene für eine Aktualisierung der Mobilfunkförderung und für Negativauktionen ein, um ein flächendeckend schnelles Mobilfunknetz zu erhalten.
Mobile Schmalbandnetze: Wir setzen uns für eine Förderung der mobilen Schmalbandvernetzung ein. Denn nicht für alle Anwendungsfälle ist eine Hochgeschwindigkeitsverbindung erforderlich: So werden etwa für das Internet der Dinge (vernetzte und intelligente Geräte, Sensoren und Maschinen) viele kleine Sensoren eingesetzt, die nur wenige Daten austauschen müssen. Auch in der Land- und Forstwirtschaft kommen häufig Geräte zum Einsatz, die nur kleine Datenmengen übertragen müssen. Hierfür wäre es unverhältnismäßig, eine gleiche Dichte von Funkmasten wie in der Stadt aufzubauen.
Pflegeroboter
Der Generation „Baby-Boomer“ der 1960er-Jahrgänge droht ein Pflegedesaster. Technologien wie Pflegeroboter, Smart Home, Wearables und Telemedizin können hier eine Chance bieten, die Selbständigkeit der Betroffenen zu unterstützen und ebenso das Pflegepersonal zu entlasten. Pilotprojekte springen zu kurz, wir brauchen konkrete Umsetzungen in der Fläche.
Lernprogramme
Neben Persönlichkeitsentwicklung und Sozialisation steht Qualifikation im Zentrum der Schule. Der Fortgang ist durch jahrgangsbasierte Lehrpläne geprägt. Die vorrangig lehrzentrierte Arbeitsweise wird die Zukunft durch eine lernzentrierte Methodik ergänzt und in Teilen sogar abgelöst. Nur so ist eine volle Leistungsentfaltung möglich, bleibt niemand abgehängt und wird lebenslanges Lernen sinnvoll gelebt.
Lernprogramme können individuelles Lernen fördern, besonders in der Mathematik. Es sind immer die gleichen Hindernisse, die Mathematik so schwierig machen. Der Stoff in der Mathematik baut aufeinander auf. Wer einmal nicht mitkommt, dem fehlt ein Baustein in dem Mathematikgebäude. Fehlen mehrere Bausteine oder ein zentraler Baustein, dann stürzt das ganze Gebäude zusammen. Nun hat jeder Mensch mal bessere und mal schlechtere Zeiten. Das gilt erst recht für Kinder in der Entwicklung, zumal über eine so lange Schulzeit. In Deutschland wird der Unterricht nach Lehrplan wie im Fließbandtakt durchgezogen. Das System produziert zwangsweise Versager.
Ein Lernprogramm für Mathematik auf dem Computer wäre segensreich: Mit einem solchen Programm kann individuell nach eigenen Möglichkeiten und eigenem Tempo gelernt werden. Die Software behebt überdies das zweite Problem: Wenn Schüler Fehler in der Mathematik machen, dann ist die Ursache meist eine falsche Idee. Beispielsweise addieren manche Schüler zwei Brüche analog zur Multiplikation, addieren also jeweils die Zähler und Nenner. Und sie fallen selbst nach einer Erläuterung oft in den alten Fehler zurück. Ein Computerprogramm kann einen solchen Fehler und seinen wahren Grund meist erkennen. Hartnäckig wiederholt es Erläuterung und passende Aufgaben, um Schwächen und Lücken zu beseitigen.
Chip-Industrie
Bayern ist sowohl auf der Lieferanten- wie Anwendungsseite für integrierte Schaltungen ein bedeutender Standort:
-
Die Wacker Chemie AG in Burghausen ist Hersteller von Reinstsilizium, das Tochterunternehmen Siltronic AG Hersteller von Wafern aus Reinstsilizium. Jeder zweite Chip auf der Welt enthält Silizium von Wacker.
-
Die Infineon AG in Neubiberg bei München ist eine Ausgründung von Siemens und der größter Halbleiterhersteller Europas.
-
Zu den mittelständischen Herstellern gehört SiCrystal GmbH in Nürnberg, einer Tochter des japanischen Rohm-Konzerns.
Die Intel AG hatte Pläne für eine Chip-Fabrik in Landsberg, die nun jedoch in Magdeburg gebaut werden soll.
Der Versuch der bayerischen Staatsregierung durch ein bayerisches Bündnis bei Chips Technologiesouveränität zu erreichen, kann nicht gelingen. Dazu ist die Halbleiterindustrie zu vielfältig und international (Taiwan, USA, Südkorea) aufgestellt. Eine aktive Ansiedlungspolitik ist trotzdem sinnvoll. Die Aufgabe der Politik ist neben der nachhaltigen Stärkung des Forschungsstandorts vor allem, international Rahmenbedingungen für einen stabilen Warenverkehr zu schaffen.
Umweltschutz und CO2-Reduktion
Aufwendige digitale Klimamodelle sind Grundlage und Treiber der Klimapolitik – nur ein Beispiel für die Fülle an Möglichkeiten, die sich der Umwelt- und Klimapolitik durch Digitalisierung bieten. Wichtige Bereiche sind:
-
Optimierung: Produkte, Prozesse und Gebäude bezüglich Ressourceneinsatz und Energieverbrauch optimieren.
-
Marktmanagement: Märkte etwa für CO2-Zertifikate oder für Strom digital organisieren.
-
Monitoring: Messwerte etwa von Umweltmessstationen zusammenführen.
-
Simulation: Entwicklungen prognostizieren, politische Entscheidungsoptionen simulieren.
Eine Bitkom-Studie sieht das Potential die CO2-Emissionen in Deutschland durch Digitalisierung zu halbieren.
Digitale Systeme gilt es daher für eine fundierte Umweltpolitik zu nutzen und zugleich den Fußabdruck der IT-Systeme zu verringern.
Mobilität
Verkehr ist Logistik. Logistik ist Koordination. Koordination ist eine Stärke von Algorithmen. Von der Verbindungssuche in einer App bis zur KI-gestützten Mustererkennung von Verkehrsdaten wird sich die Digitalisierung durch die Verkehrsströme ziehen. Die Digitalisierung durchdringt auch die Verkehrsträger. Das Auto ist ein mobiler Computer. Selbst Fußgänger optimieren sich mit Navigation und Digital Reality.
Um multimodale Verkehrssysteme digital zu organisieren ist es vor allem notwendig die Datenströme zu standardisieren und zusammenzuführen. Auf Autobahnen, Bundesstraßen und staubelasteten Straßen sollen zentral steuerbare Verkehrsleitsysteme (VLS) mit Kameras und LED-Anzeigen für adaptive Geschwindigkeitsregelungen, Warnungen sowie Spuröffnungen und ‑schließungen zügig ausgebaut werden.
Bauen
Planen, Bauen und Bewirtschaftung sind die drei Hauptphasen im Bauwesen und alle drei wie geschaffen für die Digitalisierung. Das digitale Modell, der digitale Zwilling, entsteht schon in der Planungsphase. Building Information Modeling (BIM) ist die digitale Grundlage für alle drei Phasen unter Beteiligung aller Akteure. Wir benötigen für ein preiswertes Wohnen günstigere Bauten. Digitalisierung ist neben guten Ideen eine wesentliche Stütze für mehr Effizienz im Bauwesen. BIM soll in Ausschreibungen und Förderanträgen bei Bau- und Sanierungsvorhaben des Freistaats mit einem Gesamtvolumen von über fünf Millionen Euro angewandt werden. Sowohl die Staatsbauverwaltungen als auch die unteren Bauaufsichtsbehörden sollen hierfür mit ausreichenden finanziellen Mitteln für Soft- und Hardware unterstützt werden. In Deutschland und insbesondere in Bayern hinkt die Digitalisierung im Bauwesen hinterher. Kaum eine andere Branche ist weniger digitalisiert – und das, obwohl enormes Potenzial entlang der kompletten Wertschöpfungskette vorhanden ist, um effizienter zu planen und zu bauen und Informationen zwischen allen Projektbeteiligten in Echtzeit zu teilen. Um einen echten Paradigmenwechsel herbeizuführen, muss die öffentliche Hand als einer der größten Auftraggeber und Bauherren als Vorbild vorangehen. Die Digitalisierung des Bauantragsprozesses kann die öffentliche Verwaltung entlasten und gleichzeitig die Bearbeitungszeit von Baugenehmigungen verkürzen.
Landwirtschaft
Die Landwirtschaft des 20. Jahrhunderts war durch Traktor, Monokultur und Chemie geprägt. Für die Landwirtschaft in diesem Jahrhundert werden alle drei abgeschafft. Das Feld wird virtuell in viele kleine Parzellen
von der Größe einer Hand geteilt. Mit Sensoren, Robotern und Drohnen wird fortwährend der Zustand jeder Parzelle gemessen. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) erfolgt die Saat optimiert für jede Parzelle mit den bestgeeigneten Pflanzen. Die KI berücksichtigt dabei auch die symbiotische Wirkung zwischen den Pflanzen. Abfallprodukte der einen Pflanze sind Nähr- und Schutzstoffe für die nächste. Die Digitalisierung ermöglicht ökonomisch und ökologisch optimierte Vielfalt. Für diese Optimierung benötigt die KI eine große Menge an Daten. Ein „virtueller Bayern-Hof“ bietet Landwirten die Gelegenheit ihre Daten gemeinschaftlich zusammenzuführen. Durch den Abgleich mit anderen Daten kann die KI die bestmöglichen Maßnahmen berechnen. Die Anwendung modernster Technologie führt die Landwirtschaft wieder in ihre ökologische Urform. Zugleich steigert dies die Erträge und verringert Verluste. Verstärkter Humusaufbau und Biodiversität dienen nicht nur einer guten Ernte, sondern sind ein wichtiger Beitrag für Klimaschutz und Artenvielfalt.